Die Geschichte der Schlossmühle

 

Erstmalig wurde der Mühlenstandort in Schieritz in alten Kirchenbüchern aus dem Jahre 1361 erwähnt. Bereits im Jahr 1349 findet sich in den Urkunden über Schieritz der Eintrag, dass ein Johanni de Gorenzk mit dem Unterhof belehnt worden war. Im „Ur – Oeder“, einem alten Kartenwerk zur Umgebung von Meißen aus dem Jahre 1549, findet man den nächsten Eintrag einer Wassermühle. Welche Gebäude damals die Mühle bildeten, ist jedoch nicht bekannt.

Die heutige Bausubstanz stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert. Der hölzerner „Schlussstein“ an der Fassade der Bäckerei verweist auf das Jahr 1815. Das aus Bruchsteinmauerwerk bestehende Hauptgebäude der Mühle wurde von den schieritzer Schlossbesitzern aus dem Geschlecht von Schleinitz errichtet. Der Name der Mühle belegt heute noch die enge Verflechtung von Schloss und Mühle. Der über dem Eingang der Mühle befindliche Schlussstein trägt die Jahreszahlt 1828.

Um 1840 wurde das gesamte Anwesen an den bürgerlichen Friedrich Wolf verkauft. Das Hauptgebäude wurde von ihm im Jahr 1850 umgebaut, was der Schlussstein über dem Haupteingang des Wohnteils belegt. Dieser komplettierte 1841 den Hof durch den Bau der Scheune mit Stallungen.

Im Jahre 1888 erwarb der Müllermeister und Mühlenbauer Franz Otto Andrä, Sohn eines Windmüllers aus Niederau bei Meißen, mit erst 26 Jahren die Mühle. Mit seiner Ehefrau bewirtschaftete er diese bis in das Jahr 1910. Er war es auch, der 1905 das Lichthaus hinter der Schneidemühle errichtete.

Zu sehen sind Otto Andrä mit dem Pferd, der Bäcker im weißen Kittel und seine Frau, der Kutscher, das Hausmädchen Hulda mit dem Kund, der Stallkecht und der Vater von Annemarie und Konrad Andrä)

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Nach dem frühen Tod des Vaters übernahm sein Sohn, Herbert Andrä, 1910 im Alter von nur 20 Jahren den gesamten Betrieb. Seine Ehefrau Helene, geb. Görne, hatte wesentlichen Anteil an der stetigen Aufwärtsentwicklung der Mühle und der Bäckerei sowie der Betreuung der beiden Kinder, Annemarie und Konrad. Die Getreidemühle mit angeschlossener Bäckerei und kleiner Landwirtschaft wurde bis zum Jahre 1960 betrieben.

Danach wurde der Betrieb in der Mühle und der Bäckerei wegen der Angliederung an die LPG eingestellt. Die Mühle diente bis 1990 als Lager für verschiedene Zwecke. Seit 1968 steht die Mühle unter Denkmalschutz. Im Juni 1974 wurde dann auch die Wasserkraftanlage stillgelegt. Die Anlagenteile waren den allmählichen Verfall preisgegeben. Zu DDR-Zeiten konnten keine externen Mittel zur Erhaltung des Denkmals mobilisiert werden. Nur aus privaten Mittel und den begrenzten Möglichkeiten konnten die einige Sicherungsmaßnahmen erfolgen.

Das änderte sich nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Mit Mitteln des Denkmalschutzes, des Landes und der Gemeinden konnte die Mühle als technisches Denkmal reaktiviert werden. Bis 1996 wurde das Innere der Mühle und der Schneidemühle wieder voll zugänglich gemacht, der Mühlgraben ausgebaggert und das Wasserrad mit Mitteln des Denkmalschutzes erneuert. Am 10. Dezember 1996 floss nach mehr als 20-jährigem Stillstand das erste Wasser wieder über das neue Wasserrad. Das Wasserrad wurde aber nicht technisch, sondern lediglich zu Schauzwecken genutzt.Ein erneuter Rückschlag brachte das verehrende Hochwasser 2002. Durch die Flutwelle wurde die Wehrkrone, die aus Holzbalken bestand, in einer Höhe von etwa 60 Zentimetern weggeschwemmt. Bei dem erneuten Hochwasser im Jahr 2013 wurden auch die letzten noch sichtbaren Teile des Wehrs vom Wasser weggetragen. Das Wasserrad stand deshalb abermals für mehrere Jahre still und war dem Verfall preisgegeben.

Die letzte Müllerin, Annemarie Kalmus (geb. Andrä), lebte bis 2003 in der Mühle. Ihr und ihrem Bruder Konrad Andrä ist es zu verdanken, dass die Mühle mit der alten Technik noch so gut erhalten sind. Über viele Jahre zeigte Annemarie Kalmus die Mühle zahlreichen Kindern, die als Schulklassen die Mühle besuchten.

Annemarie Kalmus (geb. Andrä) mit ihrem Mann

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Im Jahr 2008 haben wir die Mühle von Konrad Andrä erworben und sanieren seitdem die Gebäude in liebevoller Kleinarbeit Schritt für Schritt. Ende 2010 war die Sanierung des Wohnteils in dem Hauptgebäude abgeschlossen, sodass wir kurz vor Weihnachten aus Dresden nach Schieritz ziehen konnten. Seither wohnen wir in der Mühle mit unseren drei Kindern. Bis zu seinem Tod im Jahr 2020 besuchte uns Konrad Andrä regelmäßig und erfreute sich daran, dass der Mühle wieder Leben eingehaucht war.

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Nach vielen Jahren intensiver Bemühungen um die wasserrechtliche Genehmigung zur Neuerrichtung des Wehrs konnten wir 2016 das Wehr neu errichten. Zum Reformationstag 2016 wurde der erneut ausgebaggerte Mühlgraben geflutet. Es dauerte über eine Stunde, bis das Wasser den trockenen Mühlgraben auf ca. 900 Metern durchfeuchtete und schließlich das Wasserrad erreichte. Seit Ende 2016 erzeugen wir mit dem historischen Wasserrad Strom.

Dieses Jahr (2022) konnten wir nun endlich die Sanierung der ehemaligen Bäckerei abschließen. Aus dem baufälligen Gebäude ist nach 5 Jahren Sanierung eine hübsches, denkmalgerecht saniertes Gebäude geworden, dass nun 4 kleine Ferienwohnungen mit einer Gemeinschaftsküche beherbergt.